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"Abgeschnitten vom Weltverkehr" - Die Bahntrasse zwischen Bocholt, Rhede, Borken und Coesfeld (Strecke 2265) wird aufgrund des langen Zeitraums ihrer Stilllegung seit Mai 1975 heute von vielen, besonders jüngeren Mitbürgerinnen und Mitbürgern, kaum noch wahrgenommen. Wer sich für die Geschichte und Bedeutung der Eisenbahn im westlichen Münsterland interessiert, dem empfehle ich die nachfolgende Publikation in besonderer Weise. Auch das Bocholter Borkener Volksblatt berichtete im Jahr der Veröffentlichung 2020 darüber. (Hinweis: Der komplette Artikel ist nur mit gültigem Abo zugänglich!) Das Buch ist im Buchhandel oder direkt beim Verlag erhältlich Heribert Lülf / Heinz Peirick / Richard Vespermann: „Abgeschnitten vom Weltverkehr“ Die Autoren skizzieren sehr treffend, dass sich das Leben im westlichen Münsterland vor dem Bau der Strecke Empel - Bocholt - Borken Coesfeld - Münster in einem nahezu abgeschlossenen Raum abspielte. Handel und Handwerk waren wie die Bürger:innen auch zumeist am Ort fest verwurzelt. Der Bewegungsradius stark eingeschränkt und die Metropolen des Ruhrgebiets oder auch Münster im Osten weit entfernt. Reise- oder Transportmöglichkeiten waren in der zumeist ländlich geprägten Region Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts so gut wie nicht vorhanden. Das Transportmittel (Post-)Kutsche bestimmte das Bild auf den außerhalb der Städte unbefestigten Straßen. Ohne die Bahn - so die Autoren - war man tatsächlich "abgeschnitten vom Weltverkehr".
Die 110 Kilometer lange Nebenbahnstrecke zwischen Empel-Rees am Niederrhein und Münster wurde ab 1899 in mehreren Etappen gebaut. Insgesamt 17 Orte entlang der Strecke erhielten entweder einen Bahnhof oder aber Haltepunkt. Coesfeld erhielt 1875 einen Bahnanschluss, Bocholt 1878 und Borken 1880. Mit der Strecke 2265 erfolgte eine Durchquerung des Münsterlandes in West-Ost-Richtung, waren doch bis dahin alle Schienenwege fast ausschließlich in Nod-Süd-Richtung ausgerichtet. Das Aufkommen des PKW-Verkehrs als Inbegriff individualisierter Mobilität und der Glaube, Omnibusse wären der adäquate Ersatz für die Bahn, brachten dann auch den schrittweisen Niedergang des Zugverkehrs, der auf der Strecke Bocholt - Coesfeld am 25. Mai 1975 endete. Was so hoffnungsvoll begann und über Jahre hinweg einer ganzen Region Wohlstand, wirtschaftlichen Aufschwung und Mobilität brachte, geriet mehr und mehr in Vergessenheit. Die Autoren erläutern diese sehr wechselvolle Geschichte nicht nur anhand der zeitgeschichtlichen Abläufe, ergänzt durch eine Fülle historischer Aufnahmen, sondern reflektieren die Sinnhaftigkeit des schienengebundenen Personen- und Güterverkehrs vor dem Hintergrund einer dringend notwendigen Verkehrswende und dem Gebot des Klimaschutze bis in die Gegenwart hinein.
Es stimmt auch heute noch sehr nachdenklich wenn wir daran erinnern, dass am letzten regulären Zug am 25.05.1974 auf einem Schild zu lesen war: "Alle Fahrgäste trauern um dich". Angesichts der Tatsache, dass Kommunalpolitiker die dringend notwendige Reaktivierung der Bahn zwischen Bocholt und Coesfeld durch den Bau eines sog. "Radschnellweges" (RS2) verhindern wollen, ist dem Fazit der Autoren (S. 130) vollumfänglich zuzustimmen:
„Niemand wird das westliche Münsterland zu seinem Lebens- und Arbeitsmittelpunkt wählen, weil es schöne Radwege und ein Linienbusnetz gibt. Gefragt sind vielmehr schnelle, moderne und attraktive Bahnver-bindungen. Die Bahn ist die Antwort auf ein verändertes Mobilitätsverhalten in der Gesellschaft ... Die kommenden Jahre werden erweisen, ob der Titel "Abgeschnitten vom Weltverkehr" eine aktuelle Zustandsbeschreibung für eine ganze Region oder doch nur eine Reminiszenz an die Vergangenheit ist."
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