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Ausgehend von der Frage einer möglichen Wiederinbetriebnahme der 1975 aufgegebenen Schienenverbindung Bocholt - Borken - Coesfeld erhielt der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe auf Basis einer Beauftragung seitens seiner politischen Gremien die Aufgabe, eine Reaktivierung unter dem Aspekt öffentlicher und wirtschaftlicher Interessen im Rahmen einer sog. Machbarkeitsstudie zu untersuchen. In dieser Studie sollen auch spezifische Anforderungen., Ziele und Bedürfnisse des Westmünsterlandes mit einbezogen werden. Im Zuge der Untersuchung spielten die Gutachter 4 sog. Planfälle durch, d.h. einzelne Streckenabschnitte wie z.B. Bocholt - Rhede wurden auf ihre Reaktivierungsmöglichkeit hin geprüft. Dabei trat zu Tage, dass zumindest eine teilweise Wiederinbetriebnahme aufgrund der zu erwartenden hohen Fahrgastzahlen sehr wohl sinnvoll ist. Die Kosten für eine komplette Reaktivierung der gesamten Strecke bezifferten seinerzeit die Gutachter auf 440 Mio. €. Die Westmünsterlandbahn GmbH bezweifelte von Anfang an diese Kostenkalkulation. Elementarer Kritikpunkt: Die Machbarkeitsstudie 2020 legte zugrunde, dass beispielsweise das Trassenstück Bocholt - Rhede komplett entwidmet sei, d.h. der bahnbetriebliche Zweck der Trasse entzogen wurde. Dieses hätte zur Folge, dass nicht von einer Reaktivierung sondern einem kompletten Neubau auszugehen wäre. Zugleich müssten alte Bahnübergänge durch Tunnel und Brücken ersetzt werden. Dieses ist jedoch nicht der Fall! Die Trasse Bocholt - Rhede ist bis auf wenige Meter auf Höhe des ehem. Rheder Bahnhofs nach wie vor als Bahntrasse gewidmet. Und selbst dieses entwidmete Teilstück wird in den Planungsunterlagen der Stadt Rhede als "freizuhaltende Fläche für den ÖPNV" geführt. Erst nach der Ratsentscheidung, den RS2 zu bauen, stellten die Städte Rhede und Bocholt beim zuständigen Eisenbahnbundesamt (EBA) Anträge auf Entwidmung der gesamten Fläche. Die WMB stellte ihrerseits beim EBA den Antrag auf Zurückweisung eines Entwidmungsgesuchs mit dem Verweis auf ein nachweisbares Verkehrsbedürfnisses auf dieser Strecke. Der NWL kündigte Anfang 2023 an, dass es zu einer Wiederauflage der Machbarbarkeitsstudie für eine pot. Reaktivierung der Strecke Bocholt - Borken - Coesfeld kommen werde. Mit einem Ergebnis werde im Dezember 2023 gerechnet. Anlass: zum Ende des 2. Quartals 2022 hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr die Version 2016+ der Standardisierten Bewertung neu eingeführt. Die Version erlaubt nun die Bewertung nicht allein sämtlicher Fördertatbestände des novellierten Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG), sondern es fließen nun auch relevante Fragen und Aspekte des Klimaschutzes, der Verkehrswende und -Entlastung und weitere umwelttechnische Faktoren in die Bewertung mit ein. Am 24.11.2023 veröffentlichte das örtliche BBV in seinem Lokalteil den Artikel "Bahnstudie für Strecke Bocholt - Rhede - Coesfeld kommt erst im Frühjahr." Zuvor wurde für diesen Artikel bei der WMB auf Basis eines fünf Punkte-Fragenkatalogs eine Stellungnahme eingeholt. Die WMB positionierte sich nochmals in aller Deutlichkeit und sprach sich weiterhin für eine Reaktivierung der betroffenen Strecke und gegen den Bau des Radschnellwegs aus. Nachfolgend der genaue Wortlaut der BBV-Fragestellungen sowie die Antworten der WMB: BBV: 1. Wie wichtig ist das Ergebnis dieser Studie für Ihre Pläne? Die Machbarkeitsstudie 2023 ist aus Sicht der Westmünsterlandbahn GmbH (WMB) sehr wichtig. Nach wie vor betrachtet die WMB die Wiederaufnahme des Schienen-Personennahverkehrs (SPNV) in Richtung Oberzentrum Münster im Rahmen der Daseinsvorsorge zur Fortentwicklung der Städte und des westlichen Münsterlandes für dringend geboten. Das Verkehrssystem Bahn ist zudem zur Erreichung der Klimaziele und einer nachhaltigen Verkehrswende der zentrale Baustein. Das Ergebnis der Studie beeinflusst in entscheidender Weise die Förderfähigkeit des Wiederaufbaus der Verbindung. Sowohl die WMB als auch der Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), der Fahrgastverband Pro Bahn sowie der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) erwarten bzgl. der Machbarkeitsstudie im Ergebnis einen Faktor deutlich >“1“. Wird dieser Wert erreicht, so spricht aus Sicht der WMB alles gegen eine Nutzung der Trasse für einen Radschnellweg und erfordert dann seitens der Städte die Planung einer alternativen Streckenführung.
BBV: 2. Wenn bei dieser Studie für die Wirtschaftlichkeit ein Wert von über 1 herauskommt, was wären dann ganz konkret die nächsten Schritte der Westmünsterlandbahn GmbH? Mit einem Faktor >“1“ ergibt sich automatisch eine Förderwürdigkeit der Reaktivierung. Die WMB wird vor diesem Hintergrund zunächst Kontakt mit den Städten Bocholt, Rhede und Borken aufnehmen. Darüber hinaus werden wir uns proaktiv an die Landespolitik, konkret an den zuständigen NRW-Verkehrsminister sowie den Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) wenden. In einem weiteren Schritt würde die WMB dann die Suche nach einem geeigneten Planungsbüro forcieren. Wir möchten nochmals ausdrücklich darauf hinweisen und schließen uns dem Statement des NWL an, dass sich alle politischen Ebenen bei einem Ergebnis der Studie >“1“ deutlich positionieren und dazu bekennen müssen, dass der Schienenverkehr in unserer Region gewünscht wird. Grundsätzlich soll aus Sicht der WMB eine Reaktivierung in mehreren Schritten vollzogen werden. Im ersten Schritt würde die Wiederinbetriebnahme der Verbindung Bocholt – Rhede mit einem Haltepunkt „Technologiepark / Fachhochschule“ verfolgt. In einem weiteren Schritt wäre unsere Zielsetzung, dann die Verbindung von Rhede in die Kreisstadt Borken zu schaffen.
BBV: 3. Wie hoch schätzen Sie die Fördersummen ein, die dann fließen würden? Im Falle eines Faktors >“1“ würde der normale Fördersatz für die anfallenden Gesamtkosten 90% betragen. Die Finanzierung der Förderung basiert auf Bundes- bzw. Landesmitteln. Eine Angabe der genauen Kosten ist nach derzeitigem Stand nicht möglich, da der tatsächliche Baubeginn über den genauen Kostenrahmen entscheidet.
BBV: 4. Was müsste ein möglicher Betreiber (oder die Westmünsterlandbahn) noch investieren? Als Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen müsste die WMB 10% der anfallenden Gesamtkosten finanzieren. Ein Betreiber als Eisenbahn-Verkehrsunternehmen würde auf Basis vertraglicher Vereinbarungen mit dem NWL auf der reaktivierten Strecke fahren. Der NWL ist organisatorisch für den SPNV in Nordrhein-Westfalen wie auch die Bestellung der Verkehre auf der Schiene zuständig.
BBV: 5. Haben Sie schon Interessenten, die den Bahnbetrieb übernehmen würden? Die Frage nach einem Betreiber liegt nicht im Ermessen der Westmünsterlandbahn. Wie bereits erwähnt, ist für die öffentliche Ausschreibung des Verkehrsbetriebs der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe zuständig. Dennoch führte die WMB bereits 2022 ein Informationsgespräch mit dem Eisenbahn-Verkehrsunternehmen „Vias Rail GmbH“, das nach der Insolvenz des Unternehmens Abellio den Eisenbahnverkehr zwischen Bocholt und Düsseldorf übernahm. Dort bekundete man ein grundsätzliches Interesse, eine Weiterführung der Verbindung Bocholt – Rhede zu bedienen. Nach derzeitigem Fahrplan wäre nach Aussage der Vias Rail eine Weiterfahrt nach Rhede ohne zusätzliche Fahrzeuge, Fahrplanänderung und Personal möglich. Grundsätzlich gibt die WMB bei der Frage der Reaktivierung zu bedenken, dass es in Deutschland einzigartig sein dürfte, dass die drei Städte Bocholt, Rhede, Borken mit insgesamt 120.000 Einwohnern über keine Bahnverbindung untereinander verfügen. Aus Sicht der WMB spricht ein hoher Verkehrsbedarf aufgrund der nachweislich starken Pendlerströme im Westmünsterland eindeutig für den den Aus- und Aufbau des Schienenverkehrs in unserer Region. Auch aus diesem Grunde ist die Wiederinbetriebnahme des SPNV auf der Strecke Bocholt – Rhede – Borken – Coesfeld dringend erforderlich.
Unmittelbar nach Veröffentlichung des o.g. Artikels im BBV erschienen in den darauffolgenden Tagen zwei Leserbriefe, in denen sich die Verfasser eindeutig für eine Wiederaufnahme des Bahnverkehrs in Richtung Oberzentrum Münster aussprachen. Der erste Leserbriefschreiber bat angesichts der neuen Zeitachse alle Beteiligten um etwas Geduld. Insbesondere wies er die Forderung des Rheder Beigeordneten H. Wewering, jetzt sehr rasch auf den Beginn für ein Planfeststellungsverfahren für den RS2 auf der Bahntrasse zu drängen, als absurd zurück. Es dränge sich der Verdacht auf, dass das Projekt "Radschnellweg" mit allen Mitteln durchgedrückt werden soll. Hier werden - so weiter - die Bedürfnisse ganzer Bevölkerungsgruppen, insbesondere älterer oder Behinderter, mit Füßen getreten. Die zweite Leserbrief-Schreiberin brachte es argumentativ auf den Punkt. Sie führte aus, dass es kaum zu vermitteln ist, dass drei Kommunen, nämlich Bocholt, Rhede und Borken mit insgesamt fast 140.000 Einwohnern untereinander nicht per Bahn erreichbar sind. Sie bezeichnet diese Situation als skandalös. Zumal im östlichen Münsterland rund um das Oberzentrum Münster bis in den westlichen Teil nach Coesfeld das S-Bahn-Projekt "Münsterland" (siehe unten!) bis 2025 umgesetzt werden soll. Das gesamte westliche Münsterland, also der Bereich von Coesfeld über Borken bis Bocholt bleiben völlig unberücksichtigt. Ebenso wie die Leserbriefschreiberin empfindet es auch die WMB mehr als skandalös, dass die hiesige Politik, allen voran der Kreis Borken, den Bürger:innen Glauben machen will, dass Busverkehre in diesem Teil der Region völlig ausreichend seien. Hier hat im Bezug auf das S-Bahn-Projekt die gesamte Politik versagt und läuft mit dem Plan, auf der Trasse den RS2 zu bauen, Gefahr, völlig den Anschluss zu verlieren. Mit der von der Politik einseitig favorisierten "Lösung" Busverkehre - so die Schreiberin weiter - missachte man besonders ältere oder behinderte Menschen, Menschen mit Gehhilfen, Rollatoren oder Rollstühlen. Es klingt geradezu zynisch diese Gruppe auf den Bus zu verweisen. Auch Eltern mit Kinderwagen oder Menschen mit Fahrrädern werden bei dieser politischen Haltung gänzlich - ja sogar fahrlässig - missachtet. Von Menschen, die größere Gepäckstücke transportieren wollen, ganz zu schweigen. Die WMB schließt sich dieser Bürgerhaltung vollumfänglich an und führt dieses in politischen Gesprächen auch stets an. Der Appell der Leserbriefschreiberin: "Liebe Politiker in Bocholt, Rhede und Borken, nehmt bitte endlich zur Kenntnis, dass der weitaus größere Teil der Bevölkerung eine ordentliche Bahnanbindung Richtung Coesfeld / Münster wünscht. Wer dann noch einen Radschnellweg wünscht, sollte ihn doch bitte auf einer alternativen Route planen und nicht auf der alten Bahntrasse." (BBV v. 01.12.2023) Nachfolgend nur einige wenige Gründe, warum eine Bahnverbindung zwischen den drei Städten Bocholt, Rhede und Borken mit insgesamt etwa 120.000 Einwohnern sinnvoll sein kann:
Bahnverbindungen leisten einen erheblichen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität, Wirtschaft und Umwelt! |